Paris (BZZ) – Einmal mehr nehmen deutsche Medien zur Kenntnis, dass in Frankreich muslimische Verbraucher mit ihrem Portemonnaie darüber abstimmen, was sie gerne essen möchten und was folglich in Supermärkten, Restaurants und vor allem in den grossen Imbissketten angeboten wird. Das Geschäft mit korangerechtem Fleisch erlebt in Frankreich einen wahren Boom, stellt die „Frankfurter Rundschau“ fest. Jetzt bietet auch die Fastfoodkette Quick in 14 Lokalen nur noch Fleisch an, das halal ist. Noch hält sich in Frankreich die weltgrösste Fast-Food-Kette McDonalds zurück, doch in Marokko wird auch vom US-Giganten nur noch islamkonform geschlachtetes Fleisch zur Produktion der Burger verwendet.
Die lautstarken Protestaktionen der rechtspopulistischen Islamgegner scheinen das genaue Gegenteil zu bewirken. In der Tat sind die Boykottlisten der PI-Szene detailliertere Wegweiser darüber, wo es Halal-Food zu kaufen oder zu konsumieren gibt als muslimische Websites. Die Leser der PI-Medien überbieten sich mit Meldungen über die ihnen verhassten Halal-Angebote. Dem Autor der „Frankfurter Rundschau“ (FR) merkt man zumindest die Distanz zum Produkt an: „Das Fleisch hier im Fastfoodlokal Quick im Pariser Vorort Montreuil ist aber halal: Es stammt von einem Rind, das Richtung Mekka mit einem Messerschnitt durch den Hals geschlachtet wurde, während ein Prediger eine Koransure zitierte.“
Die Fakten sind objektiv und nachprüfbar. Quick, mit fast einer Milliarde Euro Umsatz und 18.500 Angestellten zweitgrößte Hamburgerkette in Frankreich nach McDonald’s, bietet seit Anfang September in 14 Lokalen nur noch Fleisch an, das halal ist. Ein Novum selbst für Frankreich, wo ein Zehntel der 65 Millionen Einwohner Moslems sein dürften. In Immigranten-Vororten bieten wenige Restaurants zwar seit längerem schon Halal-Fleisch als Alternative an. Quick geht nun einen Schritt weiter. Einem Versuch mit islamisch reinem Fleisch in sechs Lokalen war ein unerwartet großer Erfolg beschieden: Der Umsatz verdoppelte sich in wenigen Monaten. Stammkunden bleiben offenbar kaum aus, neue Besucher wurden gewonnen.
In Montreuil kontert der lokale Betreiber Eric Azan Fragen des FR-Autors, es werde niemand gezwungen, das Lokal zu betreten. Andere Religionen – etwa seine eigene, die jüdische – befolgten auch Essensregeln. In seinem Lokal wurden im Zuge der Halal-Spezialisierung 20 zusätzliche Arbeitsverträge abgeschlossen – nur ein Beispiel unter vielen. Das französische Halal-Business hat seit 2005 Zuwachsraten von über zehn Prozent im Jahr. Der Jahresumsatz der Branche dürfte bald fünf Milliarden Euro übersteigen.
Die „Frankfurter Rundschau“ bestätigt, was schon andere deutsche Zeitungen berichteten: Längst sind auch große französische Supermarktketten eingestiegen, Casino zum Beispiel hat eine eigene Marke für Halal-Fleisch gegründet. Fleischprodukte machen dabei in der Branche nur noch 82 Prozent des Angebots aus; auch Suppen, Babynahrung oder Kosmetikprodukte gibt es heute halal.
Nicht nur der Boom hat Quick dazu bewogen, „normale“ Hamburger zum Teil ganz von den Menutafeln zu streichen. Ein Doppelangebot wäre zu teuer: Das Lokal müsste zwei Fleischsorten in zwei Kühlräumen lagern und auf verschiedenen Grills braten. Denn Halal-Fleisch darf nicht mit anderem Blut in Kontakt kommen.
Quelle: Frankfurter Rundschau