Halal-Food vereint westliche und muslimische Werte

London (BZZ) – Der gemeinsame gastronomische Faden zwischen Muslimen und europäischer Kultur ist die Synthese von Halal-Standards in einem überwiegend westlichen kulturellen Rahmen. Dieser Überzeugung ist der Publizist Zahed Amanullah, gegenwärtig Zeuge der Entwicklung in Grossbritannien. Er meint: Muslime demonstrieren entweder als Hersteller oder Verbraucher ihren Wunsch, authentische westliche Kultur und ethische Werte bei Lebensmitteln durch Erfahrung und Entdeckung der Gemeinsamkeiten mit Halal-Werte zu verbinden. Darüber hinaus könne die Verfügbarkeit von Halal-Produkten in Unternehmen des Mainstream wie Whole Foods Market und Sainsburys muslimische Verbraucher für diese Märkte gewinnen, die sie ansonsten vielleicht nicht berücksichtigt hätten. Halal-Food sei nicht das Nebenprodukt einer separatistischen Ideologie sondern in Wirklichkeit sei es repräsentativ für eine neue Art der Integration und des Pluralismus, zu der die misstrauisch betrachteten muslimischen Gemeinschaften im Westen beitragen können.

Campbell’s Soup ist eine amerikanische Ikone, in das Unterbewusstsein des „American Culinary“ eingebettet lange bevor Künstler Andy Warhol in seinem bekanntesten Werk seine Suppendosen vorgestellt hat. Als die kanadische Niederlassung des US-amerikanischen Nahrungsmittelherstellers Edison in New Jersey diverse Halal-Versionen seiner beliebten Suppen anbot, schlugen viele Konsumenten, die feindlich gegenüber Muslimen eingestellt sind, einen Boykott des Unternehmens vor. Anders als in Europa reagierten die Medien weitgehend mit Spott. In der Late Night Show „The Colbert Report“ wurde die Aktion unter dem Titel „radikale muslimischer Snacks“ belacht.

Trotz derartiger Kontroversen wächst die Zahl der Halal-Food Produkte und Dienstleistungen in Westeuropa, die durch die Mainstream-Unternehmen angeboten werden. In Großbritannien verkaufen inzwischen Tesco und Sainsburys, zwei der größten Supermarktketten, frisches und gefrorenes Halal-Fleisch in Dutzenden ihrer Geschäfte. Dies geschieht trotz des gelegentlichen Widerstandes einiger Boulevardzeitungen, die teilweise in wütenden Protesten gegen die Halal-Produkte anschreiben, die angeblich heimlich verkauft würden. „Es gibt genügend andere Produkte – nicht nur halal oder koschere -, für jene Gruppen, die diese Lebensmittel nicht mögen“, sagte ein Sainsbury’s Sprecher. „Solange die Produkte die Normen erfüllen, die wir für Sicherheit, Qualität und Provenienz verlangen, werden wir sie (die Halal-Produkte) weiterhin verkaufen.“ In der britischen U-Bahn-Imbisskette und in den Restaurants der KFC-Gruppe gibt es inzwischen jeweils weit über 100 Filialen als „Halal-only-Version“ im ganzen Land.

Je weiter die Debatte und Diskussion über die Bedeutung von Halal wächst, desto mehr kommen Mainstream Supermärkte, Lebensmittelhersteller und Restaurants zum Ergebnis, dass es viele Überschneidungen zwischen traditionellen Definitionen von Halal-Lebensmitteln und westlichen Standards von Qualität und Ethik gibt. So eröffnen sich viel mehr Vermarktungsmöglichkeiten, um sie dem Konsumenten nahe zu bringen. Im vergangenen Jahr begann die auf Natur- und Bio-Lebensmittel spezialisierte Whole Foods Market-Kette in den USA mit dem Verkauf von Lebensmitteln der Halal-Marke „Saffron Road“. Der Whole Foods Market betont, dass die Halal-Label, würden sie nur richtig angewandt, in die Ausrichtung des Unternehmens passt. „Unser Start von ´Saffron Road´ stärkt unsere Position in der Produktinnovation zur Befriedigung und zur Freude unserer Kunden“, sagt Errol Schweizer, der Einkäufer der nationalen Lebensmittelkette. Adnan Durrani, CEO von American Halal fügt hinzu, dass „bis heute, unser Vertrieb und das Rollout der ´Saffron Road´ Marke bei Whole Foods Market sehr erfolgreich ist.“

 Andere Lebensmittelhersteller sehen in der Förderung einer ganzheitlichen Definition von Halal eine Gelegenheit, den Wünschen aller westlichen Verbraucher zu entsprechen und nicht nur jener der Muslime. „Die meisten Nahrungsmittel für britische Muslime werden stark aus einer ´islamischen Perspektive´ vermarktet, mit arabischen Namen und ausführlicher arabischer Beschriftung“, meint Zia Choudhury, der Gründer der Boutique „The Serious Sausage Company“. Für die Zielgruppe der Muslime sei dies gut, aber Nicht-Muslime könne dieser Ansatz dem Produkt entfremden. Sein Marketing- und Brandingkonzept setzt an erster Stelle auf die Darstellung von Geschmack und Qualität, da dies die wichtigsten und allgemein anerkannten Vorteile eines Lebensmittels seien.

 Ein Teil der Marketingstrategie ist es, die Aspekte bei der Produktion von Halal-Fleisch zu vermitteln, die über die allgemein bekannte Rezitation des Namens Gottes vor der Schlachtung eines Tieres mit einem scharfen Messer hinausgehen. „Saffron Road“ beschreibt dies als ´tayeeb´, „die heilige Tradition der Achtung für das Land, eine angemessene Bezahlung für Landwirte, humane Behandlung von Vieh und sauber und gesund zu essen.“ Alles Fleisch im Unternehmen stamme von Tieren, die „nachhaltig und human gezüchtet worden und frei von Antibiotika und Hormonen sind“. Für „The Serious Sausage Company“ gelte die Maxime, dass „Halal mehr bedeutet als nur korrekte Schlachttechniken. Wir glauben fest daran, dass ein Tier von Anfang bis zum Ende ein menschenwürdiges Leben geführt haben muss.“

Für Halal Restaurants gilt die Feststellung schon lange nicht mehr, sie seien nur ethnische Küchen aus mehrheitlich muslimischen Ländern, doch für Halal-Lebensmittel ist dies ist im Westen immer noch eine dominierende Wahrnehmung. In den Londoner Stadtvierteln Bayswater und Notting Hill zeigen dies eine Reihe von Restaurants. Ein mexikanisches Restaurant namens „Chilli’s“ hat lange Zeit nur eine traditionelle mexikanische Küche angeboten statt der eigenen Küche der arabisch-muslimischen Besitzer. Im Gegensatz dazu bietet in der Nähe bietet das chinesische Restaurant „Noodle Oodle“ Halal-Versionen der traditionellen Schanghaier „Dim Sum“-Gerichte. Nach Experimenten ohne Schweinefleisch erfüllen die Grichte nicht nur die Wünsche von „Dim Sum“-Puristen sondern auch jene von muslimischen Gaumen. Es ist viel Aufwand, wenn man bedenkt, dass das Restaurant von Privatleuten betrieben wird, die keine Muslime sind.

Dieser Trend kann nicht nur beim Fast-Food gesehen werden, sondern auch auf den höchsten Ebenen von Qualität und Authentizität. Chefs in „La Sophia“, einem traditionellen französischen Restaurant in der Nähe der Golborne Road, arbeiten „dreimal härter“, um den gleichen Standard wie die Mitbewerber zu erreichen. „Wir verwenden keine Spuren von Schweinefleisch oder Alkohol in unseren Gerichten und dies ist eine Herausforderung, um den gleichen Geschmack wie der hohe französische Standard zu erzielen“, sagt Küchenchef Muayad Ali, der bei einem Starkoch in Gordon Ramsay’s London Restaurants trainiert hat. „Wir haben Kontakt zu verschiedenen Anbietern und versuchen auch exotisches Halal-Fleisch einzukaufen, das nicht so häufig auf dem Markt ist. Ein Beispiel für einen Neuzugang auf unserer Speisekarte ist Halal-Strauß.“ Aus Italien gibt es inzwischen Florentiner Steaks, die von Starköchen in Florenz halal zubereitet worden sind.

 Quelle: Zahed Amanullah, Executive Editor von altmuslim.com