Halal-Food nach Mitternacht in der ARD-Tagesschau

Eine Medienkritik von Peter Ziegler

Zum Abschluss der Themenwoche „Essen ist Leben“ in der ARD sendete die Tagesschau in der Nacht zum Samstag zweimal eine kurze Reportage mit dem Titel „Halal-Food als belebender Wirtschaftsfaktor in Deutschland“. Autor Oliver Feldfurth lieferte eine objektive, handwerklich einwandfreie Arbeit ab, die für einmal nicht den üblichen „islamkritischen“  Touch hatte, der bei den deutschen Massenmedien noch immer vorherrscht.

Das Lob an die ARD für diesen gelungenen Beitrag muss freilich gleich wieder eingeschränkt werden, nimmt man die beiden Sendezeiten des Beitrags zur Kenntnis: 01:16 Uhr und 02:29 Uhr. Der Chefredakteur der Tagesschau schlug damit zwei Fliegen mit einer Klappe: einerseits konnte der Beitrag um diese Uhrzeit kaum politischen Schaden anrichten, andererseits wurde die Statistik der ARD bei jenen Medienforschern geschönt, die schon seit Jahren auf die islamphobe Haltung von ARD und ZDF hinweisen.

Einige Hintergrundinformationen zum Beitrag seien erlaubt und wer mag, kann selbst weiter recherchieren. Vorgestellt worden ist im Beitrag das am Frankfurter Rhein-Main Airport angesiedelte Catering-Unternehmen DO & CO. Küchenchef Stefan Langer demonstrierte vor der Kamera ein First-Class Menue, dass er für die Emirates anrichtete. Das gepökelte Kalbsfleisch war als „halal“ klassifiziert worden. Das warf Fragen auf, die der Autor nur vage beantwortete. Waren die Schlachttiere ohne Betäubung getötet, das heisst, geschächtet worden? Falls sie aber betäubt worden waren, wird dann das Fleisch von den muslimischen Fluggästen aus aller Welt als islamkonform akzeptiert?

Oliver Feldfurth beschwichtigte islamkritische Zuschauer mit der Feststellung, in Deutschland würden vor der Schächtung die Tiere „zumeist betäubt“. Das ist zwar richtig, doch eben nur ein Teil der Wahrheit. Längst nicht alle Muslime akzeptieren eine Betäubung vor der Tötung und sehr wenige können die in Deutschland übliche Betäubung mittels Bolzenschuss tolerieren. Die wenigen Schlachttiere, welche laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2002 mit behördlicher Ausnahmegenehmigung ohne Betäubung rituell „geschächtet“ werden, dürfen nicht an die Industrie und Handel verkauft werden, sie sind ausschliesslich den Mitgliedern von islamischen Religionsgemeinschaften vorbehalten. Fakt ist: industriell erzeugtes Fleisch von betäubungslos geschlachteten Tieren gibt es von deutschen Erzeugern nicht zu kaufen, ganz im Gegensatz zu allen anderen grossen westeuropäischen Ländern. Das ist ein Wettbewerbsnachteil, über den in Niedersachsen und Bayern unter der Hand bereits geklagt wird.

Da kaum anzunehmen ist, dass der renommierte Frankfurter Caterer illegal schächten lässt, so ist davon auszugehen, dass das als „halal“ zertifizierte Fleisch aus Holland, Frankreich oder Grossbritannien kommt. Sollte es wider Erwarten doch von deutschen Rindern stammen, so sind diese im Rahmen des zunehmenden Schlachttier-Tourismus zum Zwecke des rituellen Schlachtens über die zollfreie holländische EU-Binnengrenze transportiert worden.  Warum also als Verarbeitungsbetrieb ein Risiko eingehen? Das re-importierte Fleisch ist für alle, auch die strenggläubigsten Muslime, halal. DO & CO – Geschäftsführer Wilfried Kainz konnte im Report der ARD stolz darauf verweisen, dass die Zahl der Fluggesellschaften, die er mit Halal-Food beliefert innerhalb kurzer Zeit von zwei auf sechs gestiegen ist. Auf der Website des Caterers werden die Logos so renommierter Fluglinien wie Emirates, Etihad oder Qatar Airways präsentiert, aber auch europäische Flieger wie Lufthansa, Air France oder Lauda Air. Ein besonders umsatzstarker Kunde dürfte Turkish Airlines sei, die via Istanbul exzellente Verbindungen an den Golf anbieten. Die Türken sind inzwischen unter den zehn besten Airlines der Welt gelistet. Link:

http://www.doco.com/deutsch/index_airline-catering_de.htm

Mit Halal Control aus Rüsselsheim wurde das derzeit renommierteste Halal-Zertifizierungsunternehmen in Deutschland vorgestellt. Dort ist unter vielen der Nestlé-Konzern Kunde. Die Kamera war dabei als gerade ein Zertifikat für einen Hersteller von Kartoffelpüree ausgestellt wurde. Was der ARD-Autor nicht erwähnte ist die Tatsache, dass Halal Control keinerlei Fleischprodukte zertifiziert. Mahmoud Tatari, der CEO des Unternehmens, ist persönlich davon überzeugt, dass Tiere nur per Hand islamkonform geschlachtet werden können, jedoch niemals in einem Industriebetrieb. Das Kalbfleisch für die Emirates-Passagiere ist damit sicher nicht von Halal Control zertifiziert worden, was erneut auf eine Herkunft aus Holland hindeutet. Link:

http://halalcontrol.de/

Der islamische Supermarkt „Avasin“ in Darmstadt war ein positiv gewähltes Beispiel für einen Halal-Markt. Ansonsten ist man von deutschen Fernsehautoren eher gewöhnt, dass sie den Zuschauern einen schmuddeligen türkischen Hinterhofmarkt präsentieren.

Wer googelt, der findet im Internet folgenden beispielhaften Eintrag eines deutschen Kunden. „Avasin ist ein sehr schöner Supermarkt. Unheimlich sauber, einladend und selbstbewusst. Mir gibt es das Gefühl, dass die Türken beginnen in unserer Mitte anzukommen, auf Augenhöhe. Es liegt jetzt auch an uns das Gefühl Fremdheit zu überwinden. Wenn ein türkischer Geschäftsmann erkennt, dass er sobald er die Information und das Angebot für nichttürkische Kunden verbessert, er mehr verkauft, wird er es tun. Die bloße Existenz vieler dieser Märkte sind ja wohl ein Indiz, dass “nichttürkische” Supermärkte eben das bei vielen Türken nicht verstanden haben. Außerdem würden wir ja auch nicht ernstlich behaupten wollen, dass zum Beispiel Charmin, Pampers, Febreze, Head & Shoulders, Pringles, Oral-B, Always, Duracell, Pantene, Swiffer, Oil of Olaz, Wick, Blend a med, Dash, Ariel, Lenor, Meister Propper, KitKat, Vittel, Contrex, Nestea, Nesquik, Nescafé, LC1, Libby’s & Maggi aus “nichttürkischen” Supermärkten “deutsche” Produkte wären. Insofern sind Unternehmen wie der Avasin Supermarkt ein wichtiger Beitrag zur Diversifikation unserer Märkte. Und ich freue mich darüber.“ Link:

http://www.qype.com/place/145082-Avasin-Supermarkt-Darmstadt

Ausgerechnet eine Muslima verdarb mit ihrer wenig kompetenten Aussage zum Schluss fast noch den ganzen Filmbeitrag. „Halal ist für mich also weil ich Muslimin bin sehr wichtig, dass wir kein Schweinefleisch essen und da ist es mir sehr wichtig ist, dass es ein muslimischer Mann oder Frau das Fleisch geschlachtet hat, damit ich mir sicher bin, dass es kein christliches Fleisch ist.“ Mit Häme wird ihre Aussage inzwischen auf den islamkritischen Web-Blogs zitiert und zynisch gefragt: „Christliches Fleisch = getaufte Rinder?“

Die farbige Muslima stammt wahrscheinlich aus Nigeria und brachte mit ihrer Aussage den islamisch-christlichen Dauerkonflikt aus Afrika nach Deutschland. Tatsächlich dürfen Muslime Fleisch von Tieren, die von Juden oder Christen geschlachtet worden sind, sehr wohl essen. Nach der Überlieferung liess sich Prophet Mohammed von einem jüdischen Schochet öfters Fleisch in sein Haus in Medina liefern. Wichtig ist, dass der Schlachter ein Mitglied einer Buchreligion ist.

Als Buchreligionen, deren Anhänger heißen arabisch al-kitab, werden im Islam das Judentum, das Christentum und die im 13. Jahrhundert untergegangene Religion der Sabier angesehen (Koran 2:62). Auch der Zoroastrismus Irans wird dort zu den Buchreligionen gezählt und toleriert. Nach islamischer Auffassung beruhen die Buchreligionen auf ursprünglichen göttlichen Offenbarungen (heiligen Büchern: Thora, Psalmen, Evangelium u. a.), welche aber von ihren Anhängern im Laufe der Zeit verfälscht worden seien.

Der Filmbeitrag kann über die ARD-Mediathek angesehen werden:
http://tagesthemen.de/multimedia/video/ondemand100_id-video798476.html