FAZ: Streit über die Schächtung spitzt sich im Westen zu

Frankfurt am Main  (BZZ) – Unter dem Titel „Der Tod, der in den Regelbüchern steht“ berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung über den sich in Westeuropa zuspitzenden Streit um das sogenannte Schächten, die rituelle Schlachtung ohne Betäubung von Juden und konservativen Muslimen. Wer von diesem Artikel Vorgaben für eine objektive Diskussion erwartet, wird enttäuscht. Nach umfangreicher Einleitung werden westliche Tierarztorganisationen zitiert, die unisono gegen die rituelle Schlachtung sind.

„Der Streit um das religiös konforme Töten von Schlachttieren während des islamischen Opferfestes spitzt sich wieder zu. Die Kritiker verfolgen inzwischen ganz verschiedene Konzepte,“ heisst es in der FAZ. In Deutschland erteilen restriktive und teilweise offen islamfeindliche Verwaltungen kaum mehr Ausnahmegenehmigungen. Im Jahr 2010 verzeichnete der Deutsche Tierschutzbund, der die Lage in der Manier einer Staatsschutzorganisation sondiert, bundesweit 23 Anträge, von denen zwei genehmigt wurden.

In der ersten Reihe der anti-islamischen Front kämpfen erneut deutsche Tierärzte. Die FAZ: „Dementsprechend sind die Forderungen der deutschen Tierärzte besonders radikal: Sie wollen keine rigidere Auslegung des Tierschutzgesetzes, sondern fordern vom Gesetzgeber eine Streichung von Paragraph 4a Abs. 2 Nr. 2. Ihre Forderung aus dem Jahr 2007 untermauert die Bundestierärztekammer mit einer Literaturstudie des Beratungs- und Schulungsinstituts für schonenden Umgang mit Zucht- und Schlachttieren in Schwarzenbek“.

Zitiert wird auch das EU-Projekt DIALREL, das nach Meinung der islamischen Verbände in Frankreich, dem EU-Land mit den meisten Muslimen, kein Dialog sondern ein Diktat einseitig denkender Wissenschaftler war. DIALREL gilt in Frankreich und Grossbritannien inzwischen als gescheitert. Vergessen wird auch, dass sich die deutschen Tierärzte ohne es offenbar zu wissen, blauäugig in die Tradition des Dritten Reiches begeben. Eines der ersten Gesetze, welches Hermann Göring, damals Innenminister, nach der Machtergreifung 1933 umsetzte, war das absolute Schächtverbot. Damals droht er bei Zuwiderhandlungen zum ersten Mal mit den später gefürchteten Konzentrationslagern. Wenigstens hier redet die FAZ-Autorin Klartext: „Die deutschen Veterinärmediziner befassen sich schon seit mehr als hundert Jahren mit der Thematik. Sie waren die treibenden Kräfte in der Antischächtdebatte des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Diese Kampagne war aus der Tierschutzdiskussion der Zeit heraus entstanden, aber auch von antisemitischer Agitation durchzogen und berufspolitisch motiviert. Im April 1933 schrieben die Nationalsozialisten die Betäubung erstmals in einem nationalen Gesetz vor.“ Der Bund beamteteter Tierärzte haut in die gleiche Kerbe, hat jedoch bis heute seine NS-Vergangenheit nicht aufgearbeitet.

Recht unbekannt ist eine Dissertation von 2002, die an der Tierärztlichen Hochschule erschien und welche die Geschichte der jüdischen Tiermediziner im Deutschen Reich von 1918 bis 1945 nachzeichnet, so weit dies nach dieser langen Zeit noch möglich war. Mit Hilfe noch verbliebener Zeitzeugen und Archivmaterialien konnten außer einem Gesamtüberblick zur Situation der jüdischen Veterinärmediziner in diesem Zeitabschnitt 135 jüdische Tierärzte ermittelt werden, und zu einer großen Anzahl teils detaillierte Biographien erarbeitet werden. Unbekannt scheint der FAZ-Autorin auch die Deutsch-Israelische Tierärztevereingung zu sein, welche die Schächtung sicher fachlich anders beurteilt als der Tierarztbund, der gebetsmühlenartig ohne neue Argumente die stets gleichen Behauptungen verbreitet, die laut DIALREL-Kritik wissenschaftlich nicht korrekt dokumentiert sind.

Zitat aus der DIALREL-Kritik: „Die Berichte der Wissenschaft werden missbraucht und einige der wichtigsten Grundsätze der wissenschaftlichen Argumentation verletzt, so zum Beispiel werden nicht genügend Informationen präsentiert, um es zu ermöglichen, das Experiment (zur Schächtung) und die Datenerhebung zu wiederholen.“

Quellen: FAZ-Bericht von Christina Hucklenbroich sowie Deutsch-Israelische Tierärztevereinigung