Wiesenhof-Konzern hat es satt: „Moderne Hexenverbrennung“

Visbeck (BZZ) – „Ideologischen Kampagnenjournalismus“ nennt der Wiesenhof-Konzern eine Medienkampagne von militanten Tierschützern und ihren Helfershelfern in der Medienindustrie. Am 31. August will die ARD eine Reportage mit dem Titel „Das System Wiesenhof“ ausstrahlen. Bezeichnend ist, dass sich radikale Tierrechts-Organisationen wie PETA neuerdings mit unwahren Gruselgeschichten sogar an die Muslime wenden und damit beweisen wollen, die Produkte des Konzern seien nicht „halal“. Das Unternehmen spricht inzwischen von „moderner Hexenverbrennung“. Aus diesem Anlass publizieren wir an dieser Stelle einen Bericht von Karsten Krogmann, der vor wenigen Tagen in der Nordwest-Zeitung (NWZ) erschien.

Ja, sagt Peter Wesjohann, sogar ans Aufhören habe er gedacht, „das alles ist persönlich kaum zu ertragen“. Der 42-Jährige sieht kurz ein bisschen traurig aus, wie er da vor den Wiesenhof-Plakaten sitzt, „Was für ein Genuss!“ steht darauf und „Ausgezeichnet!“. Aber dann drückt Wesjohann sein Kreuz durch, guckt sehr entschlossen und sagt: „Wir geben nicht auf – wir sind Kämpfer!“

Deshalb hat sich die PHW-Gruppe, deren bekannteste Marke Wiesenhof ist, zu einem ungewöhnlichen Schritt entschieden: Die Firma veranstaltet eine Pressekonferenz, um sich gegen die Presse zu wehren.

Genau genommen wehre man sich gegen „ideologischen Kampagnenjournalismus“, erklärt PHW-Vorstandschef Wesjohann, noch genauer genommen gegen die ARD, die am 31. August eine Reportage des Südwestrundfunks (SWR) über die Geflügelzucht in Deutschland ausstrahlen will. Der Titel der Reportage soll lauten: „Das System Wiesenhof. Wie ein Geflügelkonzern Menschen, Tiere und Umwelt ausbeutet.“

Unten im Foyer der PHW-Zentrale in Rechterfeld (Gemeinde Visbek, Kreis Vechta) steht derweil das SWR-Fernsehteam und möchte gern an der Pressekonferenz teilnehmen. „Ich möchte Sie aber nicht dabeihaben“, sagt PHW-Pressesprecher Frank Schroedter. „Warum nicht?“, will SWR-Autor Edgar Verheyen wissen. „Weil Tenor und Titel Ihres Beitrags schon feststehen – Sie suchen ja nur noch nach Bausteinen.“

Tatsächlich machte Wiesenhof, Deutschlands Geflügelmarke Nummer eins, wiederholt Negativ-Schlagzeilen. So war erst im Frühjahr ein Wiesenhof-Schlachthof in Sachsen-Anhalt wegen angeblicher Hygiene-Mängel in die Kritik geraten. Und im Vorjahr hatte Edgar Verheyen in der ARD über Tierquälereien in einem Wiesenhof-Betrieb im Landkreis Diepholz berichtet.

Oben im Konferenzsaal der PHW-Zentrale sagt Peter Wesjohann, er habe nach der Ausstrahlung Morddrohungen erhalten. In dem Beitrag seien Bilder der Tierrechtsorganisation PETA gezeigt worden, „einer radikalen Gruppe“. „So etwas ist moderne Hexenverbrennung“, so Wesjohann.

Seit 2000 habe das 1932 gegründete Unternehmen – 5300 fest angestellten Mitarbeiter, 2,1 Milliarden Euro Jahresumsatz – fast 900 Millionen Euro investiert; der Großteil sei für Verbesserungen in Tierschutz, Umweltschutz und Hygiene ausgegeben worden. Und dann legt er einen Offenen Brief der Betriebsräte der sieben größten Wiesenhof-Standorte auf den Tisch: „Wir haben es satt“, heißt es darin, „von einzelnen Medienvertreten zu Tierquälern, Ökosündern und einer Truppe billiger Arbeitskräfte abgestempelt zu werden.“

Edgar Verheyen sagt im Foyer, dass sein Beitrag noch gar nicht fertig sei, „wir filmen bestimmt noch bis August“. Von Kampagnenjournalismus könne keine Rede sei, „ich gehe völlig unvoreingenommen an das Thema heran“. Er müsse aber leider frei recherchieren, weil alle Anfragen nach Interviews abgelehnt würden.

Im Konferenzsaal betont Peter Wesjohann, dass Wiesenhof für „Offenheit und Transparenz“ stehe, zumindest in bestimmten Grenzen. An einem an die Pressekonferenz anschließenden Fototermin in einem Wiesenhof-Mastbetrieb nimmt der Vorstandschef nicht mehr teil – er will dem immer noch unten wartenden Fernsehleuten auf keinen Fall das Bild liefern, wie er im Auto vor ihrer Kamera wegfährt.

Ergänzende Fakten aus dem Weser-Kurier

PHW – Paul-Heinz Wesjohann – beschäftigt insgesamt 5300 Mitarbeiter. Zu dem Unternehmen gehören 6 Brütereien, 13 verarbeitende Betriebe – darunter 9 Schlachtereien – sowie 5 Mischfutterwerke. Der Umsatz lag 2009/2010 (1. Juli) bei 2,1 Milliarden Euro (Vorjahr: 1,19 Milliarden). 240 Millionen Hähnchen werden jährlich vermarktet. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch für Geflügelfleisch in Deutschland liegt bei 19,3 Kilogramm.