Wien (BZZ) – Eine Arbeitsgruppe des Europäischen Komitees für Normung (CEN) unter Leitung des Austrian Standards Institute (AS) analysiert derzeit die Machbarkeit einer Europäischen Halal-Norm. Die erste Sitzung fand Ende Oktober 2010 in Wien statt. Zuvor war der Vorschlag aus Österreich zur schriftlichen Stellungnahme verbreitet worden. Fazit: mehrheitlich stimmten die 30 Mitglieder von CEN zwar zu, Keyplayer wie Deutschland, Frankreich, Holland und Grossbritannien lehnten den Vorschlag aus Wien jedoch kategorisch ab.
Das deutsche Institut für Nomierung (DIN) verweigert seine Zustimmung zur „Halal Norm“ schon deshalb, da eine zusätzliche „ethische Norm“ das HACCP-Konzept (Gefahrenanalyse und kritische Lenkungspunkte) verwässern würde. HACCP ist ein von der EU zwingend vorgeschriebenes vorbeugendes System, das die Sicherheit von Lebensmitteln und Verbrauchern gewährleisten soll. Frankreich kritisiert, dass der österreichische Vorschlag nicht islamkonform sei und Holland bemängelt, dass die verschiedenen Glaubensrichtungen des Islam nicht ausgewogen genug berücksichtigt würden. Grossbritannien erklärt die europäische CEN kurzerhand für nicht zuständig und schlägt stattdessen eine weltweite ISO-Norm für die Halal-Zertifizierung vor. Finnland brachte den Einwand vor, dass eine religiös begründete Normierung ausufern könnte, auch die jüdische Koscher-Regeln müssten folglich normiert werden.
Immerhin wurde im CEN vereinbart die Arbeitsgruppe „Halal-Lebensmittel“ zu gründen. Deren erste Sitzung fand in Wien unter Leitung von Austrian Standards Institute statt. An dieser Arbeitsgruppe wirken Expertinnen und Experten aus verschiedenen Ländern, darunter auch aus der Türkei und aus Bosnien-Herzegowina mit. Ebenso sind Vertreter europäischer Organisationen eingebunden, wie z. B. die Konsumentenvertretung in der Europäischen Normung ANEC oder die European Livestock and Meat Trading Union. Die Arbeitsgruppe (CEN/BT WG 212) hat die Aufgabe, die Machbarkeit einer Europäischen Norm zu analysieren, in der die Anforderungen an Halal-Lebensmittel geregelt werden sollen.
In der Eröffnungssitzung wurde nach Angaben des Austrian Standard Institutes Einigung erzielt, dass eine künftige Europäische Norm alle Lebensmittel umfassen und sich nicht nur auf Fleischprodukte beschränken soll. Der Vorschlag, auch Produkte wie Arzneimittel und Kosmetika zu berücksichtigen, wurde vorerst abgelehnt. Ebenso wurde beschlossen, die gesamte Lebensmittelkette zu betrachten und nicht nur Teile davon, wie z. B. die Produktion.
Bei der Tagung wurden auch bisherige Erfahrungen in den Mitgliedsstaaten präsentiert und diskutiert, wie z. B. ob und welche anwendbaren Rechtsvorschriften und Standards es in den Ländern gibt, und nach welchen Referenzdokumenten etwaige Zertifizierungen durchgeführt werden.
Darüber hinaus wurde begonnen, eine Übersicht über islamische Glaubensgemeinschaften und deren Position in den verschiedenen europäischen Ländern zu erstellen. Es ist beabsichtigt, mit der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) zusammenzuarbeiten, um deren Erfahrungen bei Entwicklung von konsensbasierten Spezifikationen im Bereich Halal-Lebensmittel nutzen können.
All diese Vorarbeiten dienen dazu, die Entwicklung einer Europäischen Norm für Halal-Lebensmittel vorzubereiten, die von Muslimen auch anerkannt wird, deren Anforderungen im Einklang mit gültigen Rechtsvorschriften stehen und für die Akteure in der Lebensmittelkette auch umsetzbar sind.
In Österreich wurde bereits mit November 2009 die ON-Regel ONR 142000 „Halal-Lebensmittel – Anforderungen an die Lebensmittelkette“ veröffentlicht.
CEN wurde 1961 von den nationalen Normungsgremien der Mitgliedstaaten von EWG und EFTA gegründet und hat seinen Sitz in Brüssel (Belgien). Alliierte Mitglieder sind Albanien, Mazedonien, Kroatien und die Türkei. Ägypten, Australien, Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien, Tunesien und die Ukraine arbeiten als Partnerorganisationen mit.
Quellen: Austrian Standards Institute
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