Jetzt schlachtet Lettland koscher und halal für Schweden
Riga (BZZ) – Lettland hat im Schnelldurchgang in nur zwei Lesungen seines Parlaments sowohl die jüdische als auch die rituelle islamische Schlachtung ohne Betäubung legalisiert. Damit wird einmal mehr deutlich wie uneins sich die Staaten der Europäischen Union sind, geht es um islamkonformes Halal-Food. Die schwedische Zeitung „Tidningen Arbetaren“ spottete über die eigenen Gesetze: „Schweden bekommt seine Halal-Huhn aus Dänemark, jetzt beabsichtigt ein lettisches Unternehmen, Schweden Halal-Fleisch zu verkaufen.“ In Schweden ist das Schlachten ohne Betäubung nicht erlaubt, doch ist nach Meinung von EU-Fachleuten das schwedische Gesetz revisionsbedürftig, denn auch die elektrische Betäubung von Rindern ist dort verboten. Damit wird auch eine alternative islamische Lösung verhindert.
Die Entscheidung, das Tierschutzgesetz entsprechend zu ändern, fiel in der Saeima zwar knapp aus, stand jedoch nie in Frage. Die amtierende Regierungskoalition trat als dritte Regierung im Dezember 2007 ihr Amt an und setzt sich aus den Fraktionen der Volkspartei, Lettlands Erster Partei (LPP) und der Grüne-/Bauern-Union (ZZS) zusammen. Vom politischen Spektrum ist diese Koalition als Mitte-Rechts einzuordnen. Etwa 300 Menschen protestierten vor dem Parlament im Namen des nationalen Ablegers der Tierschutzorganisation „SOS Animal“, welche jede Schlachtung ohne Betäubung unisono als unmensch¬lich verurteilt. Vents Armands Krauklis von der konservativen Partei Lettlands erklärte im Parlament ohne Umschweife, der Export von Rind- und Schaffleisch nach Schweden könne der von der Finanzkrise besonders hart getroffenen Landwirtschaft helfen. Krauklis, der von den Tierschützern lautstark attackiert wurde, ist der Initiator der Gesetzgebung. Die Genehmigung für rituelle Schlachtungen ohne Betäubung wurde in Lettland nicht an eine jüdische oder muslimische Gruppe vergeben sondern an ein privates Fleischunternehmen. Der CEO des Unternehmens ist Mitglied der konservativen Partei wie Krauklis, weshalb die Demonstranten diesen der Korruption beschuldigten. Obwohl die Tierschützer versicherten, sie hätten keine rassistischen oder religiösen Motive, führte einer von ihnen ein Plakat mit, auf dem Lettland zwischen einem Davidstern und einem islamischen Halbmond gepresst wird.
Während es in Lettland keine nennenswerte Zahl von praktizierenden Muslimen gibt, ist der Islam heute in Schweden die zweitstärkste Religionsgemeinschaft. 72,9 % der schwedischen Bevölkerung gehören der evangelisch-lutherischen Schwedischen Kirche an, die von 1527 bis 1999 Staatskirche war. Die exakte Zahl der Muslime ist nicht erfasst. Ihre Mitgliederzahl liegt bei ungefähr 250.000 (2,7 %). Die römisch-katholische Kirche hat dagegen nur 150.000 Mitglieder (1,6 %) und die christlich-orthodoxe Kirche etwa 100.000 (1,1 %). Daneben gibt es in Schweden etwa 23.000 Zeugen Jehovas (0,25 %). Etwa 10.000 Menschen gehören zu einer jüdischen Gemeinde (0,1 %).