Wilnius (BZZ) – Litauen erlaubt ab kommendem Jahr sogenannte rituelle Schlachtungen. Den Schlachttieren darf dann ohne Betäubung mit einem exakt vorgeschriebenen Schnitt die Halsschlagader durchtrennt werden. Die Erlaubnis gilt für jüdische und für muslimische Schlachtungen. Das Fleisch so getöteter Tiere darf dann mit einer Zertifizierung als halal oder koscher an arabische Staaten oder Israel verkauft werden.
Für den Antrag der litauischen Regierung stimmten im Parlament 57 Abgeordnete bei vier Gegenstimmen und elf Enthaltungen. Die Regierung in Vilnius hofft, dass neue Exportmärkte die Auswirkungen des russischen Embargos mildern. Während Tierschutzorganisationen ankündigten, sie wollten bei der EU-Kommission Einspruch gegen die Gesetzesänderung einlegen, begrüßte Faina Kukliansky, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinschaft Litauens, die Möglichkeit des sogenannten Schächtens. «Für die Juden in Litauen, und über Litauen hinaus, ist das ein enorm wichtiger Schritt», sagte sie über die Möglichkeit, Fleisch zu erzeugen, das den jüdischen Speisevorschriften entspricht.
Im Nachbarland Polen hingegen war die rituelle Schlachtung vergangenes Jahr auf Antrag von Tierschützern zunächst völlig verboten worden. Die Gesetzesänderung rief anhaltende Proteste jüdischer und muslimischer Organisationen sowie von Fleischproduzenten hervor, die über schwere wirtschaftliche Einbußen klagten, weil sie nicht länger Fleisch in arabische Staaten exportieren konnten. Inzwischen dürfen polnische Juden und Muslime für den Eigenbedarf wieder rituell schlachten.