Die erste Muslim-Cola aus Hamburg ist ein alter Ladenhüter

Hamburg (BZZ) – Von Springer´s Tageszeitung „Die Welt“ wird sie als „die erste Cola, die muslimischen Vorgaben entspricht“ angekündigt. BILD nennt die „Haji Cola“, produziert von einem Unternehmensberater mit iranischem Migrationshintergrund in Hamburg, „wirklich mal etwas Neues“. Tatsächlich ist die muslimische Cola ein alter Ladenhüter, neu aufgewärmt von der Nachrichtenagentur ddp. Schon im Januar 2003 berichtete „Der Spiegel“ über die Limonade „Mecca Cola“ aus Frankreich, die wenig später auch in Deutschland angeboten wurde. Damals war es ein Syrer, der vom weltweiten Erfolg einer islamkonformen Cola träumte. Im Gegensatz zum Projekt in Hamburg versprach „Mecca Cola“, dass 20 Prozent des Erlöses gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden würden.

In Frankreich verkaufte „Mecca Cola“ sich zunächst unerwartet gut. Auch in Deutschland wurden einige Flaschen abgesetzt. CNN, die „New York Times“, der „Guardian“, BBC Online – alle haben 2003 über „Mecca Cola“ berichtet. Da ist ein Einzelner, der ein durch und durch amerikanisches Produkt islamisch uminterpretiert, den Konzern-Goliath Coca-Cola piesackt – solch eine Geschichte erregt Interesse. Coke hat den Neuling durchaus wahrgenommen – der Boykott durch Muslime wirke sich mancherorts spürbar auf die Umsätze aus, schrieb damals die „New York Times“. Bisher hat Coca-Cola dem muslimischen Limonaden-Winzling nicht den Gefallen getan, ihn zu verklagen. Heute redet niemand mehr von „Mecca Cola“, die Website der Firma ist seit geraumer Zeit „in Bearbeitung“.

Unternehmensberater Ali Eghbal (48) aus Hamburg gab gegenüber der „Welt“ an, er habe zwar erst 100 000 Flaschen von seiner Limonade verkauft, will sein „Haji Cola“ aber bereits in 92 Ländern als Marke geschützt haben. Das ist wenig glaubhaft, versichern Patentanwälte, da die Kosten für ein solches Unterfangen ein Kleinunternehmer gar nicht tragen könne. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich die Nachricht in den beiden Springer-Zeitungen als eine gelungene PR-Aktion des vom Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland getragenen Europäischen Halal Zertifizierungsinstitut (EHZ), das ebenfalls in Hamburg beheimatet ist.

Der Leiter des EHZ, Yusuf Calkara, ist in der Branche ebenso umstritten wie sein Institut. Der Islamrat vertritt 37 Mitgliedsvereine mit geschätzten 40.000 bis 60.000 Mitgliedern. Größter Mitgliedsverein ist die türkische Islamische Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG), die die Mehrheit der Mitglieder sowie den Vorsitzenden stellt. Die EHZ, die im Internet auch türkisch als „Eurohelal“ auftritt, gilt trotz ihres europäischen Namens als einer der zahlreichen deutschen Moscheen-Zertifizierer dessen Zertifikate im Gegensatz zu professionellen Prüfern wenig transparent sind. Unglaublich aber Tatsache: die Springer-Presse ist ausgerechnet Milli Görüş auf den Leim gegangen.

Wie chancenlos Produkte wie „Mecca Cola“ oder „Haji Cola“ wirklich sind, das erfahren Muslime, die demnächst wieder nach Mekka pilgern. Sie werden sich dort wohl mit „Coca Cola“ erfrischen. Seit 1993 ist die Produktion der US-Limonade im Kernland des Islam fest in Händen der heimischen „Olayan Group“, ein Unternehmen saudischer Investoren. Prinz Alwaleed bin Tala, der Neffe des saudiarabischen Königs Fahd beschloss wenig später, sich am Gewinn von Cola zu beteiligen. So kaufte der Prinz im Frühjahr 2000 mit Öl-Dollars u.a. Aktien von Coca Cola und Pepsi Cola für jeweils 50 US$ (daneben auch Walt Disney, Mc Donalds, Procter&Gamble und Ford). So war schon einmal sicher gestellt, dass ein einflussreicher Monarchennachkomme ein großes Eigeninteresse am Verkauf der Cola in der muslimischen Welt hatte. Verkaufshit in Saudi-Arabien ist dort wie derzeit in Europa „Cola Zero“, eine Limonade ohne Zucker.

Quellen: Coca Cola in Saudi Arabien,
Olayan Group Saudi Arabia,
BILD über „Haji Cola“,
„Die Welt“ über „Haji Cola“,
„Der Spiegel“ über Mecca Cola,
Muslim-Markt über den Boykott von Coca Cola.