Jetzt geht Rentierfleisch halal geschlachtet nach Katar

Helsinki (BZZ) – Rentierfleisch in Finnland ist schon jetzt teurer als Rindfleisch und wird immer knapper. Die Nachfrage kann aus eigener Zucht nicht mehr befriedigt werden und finnische Fleischverarbeiter müssen zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Rentiere aus Russland importieren, damit tausende von Touristen in Lappland zu Weihnachten und Neujahr das traditionelle Gericht der Samen auf den Tisch bekommen. Doch auch diese Quelle kann bald versiegen. In dieser Woche haben die russischen Lieferanten einen Vorvertrag mit dem Wüstenstaat Katar geschlossen. Rentierfleisch soll künftig in der Autonomen Provinz der Jamal-Nenzen zwischen dem Fluss Ob und dem Arktischen Ozean islamkonform, das heisst „halal“ geschlachtet werden.

Die Idee, Rentierfleisch nicht nur nach Finnland sondern nach Katar zu exportieren, wurde erst im vergangenen Monat geboren als der Gouverneur der russischen Arktisprovinz, in welcher das meiste Erdgas in Russland gefördert wird, sich in Doha zu Gesprächen über Investitionen aufhielt. Katar, das noch grössere Erdgasaufkommen als Russland besitzt, will mit dem bisherigen Konkurrenten kooperieren und in der Arktis investieren. Auf der Halbinsel Jamal befinden sich einige der größten Erdgasvorkommen der Erde. Diese werden seit wenigen Jahren durch den Staatskonzern Gazprom ausgebeutet. Die traditionellen Wirtschaftszweige der indigenen Bevölkerung sind Rentierhaltung, Jagd und Fischfang.

Jamal´s Gouverneur Dmitri Kobylkin sagte gegenüber der britischen Agentur Reuters: „Wir haben mit der Katar-Delegation nicht nur über Öl und Gas sondern auch über unsere Rentiere geredet.“ Der Scheich habe schliesslich gefragt: „Ist Rentier halal? Können Muslime das Fleisch essen?“ Es stellt sich heraus, dass Rentierfleisch halal ist wenn es islamkonform geschlachtet wird. „Goldbergbau ist für Katar interessant, Gas, Infrastruktur und jetzt Investitionen in eine Rentierfleisch-Verarbeitung, die halal ist“, sagte Kobylkin.

Nach der Rückkehr in Jamal, wo 700.000 Rentiere und 500.000 Menschen leben, musste Kobylkin in aller Eile bei der staatlichen „Yamal Reindeer Company“ eine rituelle islamische Schlachtung und die industrielle Produktion von 1.000 Dosen von Halal Rentierfleisch für den Versand in den reichen Wüstenstaat organisieren. In dieser Woche konnten die Kataris während eines Wirtschaftsforums mit den Russen erstmals das Rentierfleisch testen. Der Stellvertreter des Gouverneurs präsentierte in Doha auch schon einen Businessplan. „Unser Plan ist der Bau eines separaten Schlachthofes und einer Konserven- und Wurstfabrik. Wir hoffen dabei auf ein Joint Venture mit Katar“, sagte Sergej Uramayev, ein Vertreter der „Yamal Reindeer Company“, gegenüber Reuters.

Uramayev sagte auch, dass nach Rücksprache mit den muslimischen Autoritäten der Salechard Moschee in der Hauptstadt von Jamal, von seiner Gesellschaft beschlossen wurde das Projekt auch auf den Halal-Markt in Russland auszuweiten. „Es gibt eine große Nachfrage unter Russlands muslimischer Gemeinschaft für Halal-Produkte. Vor zwei oder drei Jahren wurde es noch nicht gesehen, jetzt kennt jeder die Halal-Produkte“, meinte der für die Zertifizierung zuständige Imam Abdullah Hazrat.

Rentierzucht und Fleischproduktion ist Jamal’s Industrie Nr. 3 nach Erdöl und Erdgas – Jamal fördert 85 Prozent der russischen Gasvorkommen und 15 Prozent des Erdöls. Der Schlachtbetrieb der „Yamal Reindeer Company“ hat im Jahr 2006 die EU-Zertifizierung für den Export erhalten. Der Schlachthof in Jar-Sale wurde von der finnischen Firma OY Kometos gebaut. Finnlands größte Verarbeiter von Rentierfleisch, „Lapin Liha OY“, importiert seitdem Rentierfleisch von der Halbinsel Jamal, um das Unternehmensziel von 40 000 Schlachttieren im Jahr zu erreichen. Gegenwärtig werden nur 24 000 Rentiere verarbeitet, 3000 davon kommen aus Schweden. „Lapin Liha OY“ plante den Kauf von jährlich 250 000 Kilo Rentierfleisch aus Jar-Sale. Dieser Import dürfte die Finnen angesichts der Konkurrenz vom Golf teurer zu stehen kommen als geplant. Dort werden schon jetzt Höchstpreise für Rindfleisch bezahlt.

Rentierfleisch ist ein hochwertiges biologisches Erzeugnis. Seine Qualität ist aufgrund seines hohen Gehalts an Eiweiß, den Vitaminen A, B, C und PP bei gleichzeitig niedrigem Fettgehalt einzigartig. Es hat einen hohen Nährwert. Einige seiner Inhaltsstoffe gelten als vorbeugend gegen Krebs und Arteriosklerose. überdies ist es als Diätkost geeignet bei durch Eiweißmangel hervor gerufenen Krankheiten wie Stoffwechselstörungen, Fettsucht und erhöhten Cholesterinwerten. Das Rentier selbst ist aufgrund der besonderen Zuchtbedingungen und Fütterung wenig krankheitsanfällig. Insgesamt gilt Rentierfleisch als hervorragend geeignete Kost für gesunde Ernährung. In der Welt der Feinkost ist es seit langem anerkannt.

Quelle: Agentur Reuters und Reindeer Blog Norwegen.