Schächtverbot wird auch in der Schweiz zur Diskussion gestellt

Zürich (BZZ) – In der Schweiz sind sich Juden, Muslime und Freidenker einig: die Debatte um das Halal-Fleisch in Frankreich ist nur ein populistisches Wahlkampfmanöver des um seine Wiederwahl ringenden Staatschefs Nicolas Sarkozy. Nebenbei wird in einem Artikel in der Schweizer Pendlerzeitung „20 Minuten“ aber auch Kritik am heutigen Schächtverbot in der Schweiz geübt.

Diese Äusserung im Zusammenhang mit dem Wahlkampf in Frankreich ist bemerkenswert in Schweizer Medien, wo ansonsten fast kritiklos Argumente auch der militantesten Tierschützer übernommen werden: „Allerdings müssen auch dezidiert säkular eingestellte Religionskritiker einräumen, dass der Tierschutz gerade beim Verbot der jüdischen «Schechita» (Schächten) oft nur das Vehikel für antisemitische Ressentiments war. Das gilt für das Schächtverbot in der Schweiz (1893) und mehr noch für das «Dritte Reich», wo die Nazis das Schächten sofort nach der Machtergreifung verboten.

Herbert Winter, Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) kommentiert das Thema so: «Man muss sich vielmehr fragen, wie ein moderner Rechtsstaat, auch ein säkularer, dazu kommt, die freie Religionsausübung seiner Bürger einzuschränken.» Zur aktuellen Kontroverse in Frankreich meint er, es sei «bedenklich, dass dieses Thema derart populistisch zu einem Wahlkampfthema gemacht wird in der offensichtlichen Absicht, damit Wählerstimmen zu gewinnen.»

Abdel Azziz Qaasim Illi, Pressesprecher des Islamischen Zentralrats der Schweiz meint, Sarkozy habe Angst davor, rechts von Marine Le Pen überholt zu werden. Dies sei das wahre Motiv des Regierungslagers, wenn es das Thema des Halal-Fleisches aufgreife. «Es ist Wahlkampf, und es ist typisch dafür, dass er wieder einmal auf dem Buckel der Muslime ausgetragen wird, wie letztes Mal beim Burka-Verbot».

Auch Reta Caspar, die Geschäftsführerin der Freidenker-Vereinigung der Schweiz, hält die Halal-Debatte in Frankreich für ein populistisches Wahlkampfmanöver. Dennoch ist ihr der Hinweis wichtig, dass die Religionsfreiheit nur eine Freiheit unter mehreren ist – und nicht etwa die höchste von allen. «Es geht immer um Abwägungen», betont sie. «Der Kern der Religionsfreiheit – nämlich an etwas zu glauben – ist auch dann gewahrt, wenn das Gesetz bestimmte Schlachtmethoden verbietet», fügt sie hinzu. Es sei aber durchaus möglich, das Schächtverbot, wie es im Schweizer Tierschutzgesetz besteht, mit wissenschaftlichen Argumenten in Frage zu stellen. «Es geht dann um einen Fachentscheid», sagt Caspar.

Quelle: 20 Minuten, Zürich