Halal in Deutschland: „Geschäfte mit Gottes Geboten“

Köln (BZZ) – „Der Markt boomt – und das Prinzip funktioniert wie bei Bio-Siegeln: Konsumenten, die verunsichert sind, was gesund, umwelt- und tierschonend ist, kaufen Bio-Produkte. Muslime, die verunsichert sind, was islamisch erlaubt ist, kaufen Halal-Lebensmittel.“ So sieht es der Kölner Stadtanzeiger in einer aktuellen Reportage über Halal-Food, die islamkonformen Lebensmittel.

Am Beispiel der regionalen Karadag Supermarkt AG und ihres türkischen Eigentümers wird nicht-muslimischen Lesern das Thema erläutert. Deutschen erschliesst sich das Thema, wenn erklärt wird: „Schweinefleisch ist nach gängiger islamischer Lehrmeinung verboten, ´haram´. Rind, Lamm und Huhn hingegen sind erlaubt, wenn nach islamischer Tradition geschächtet wird. Dabei stirbt das Tier durch einen Schnitt durch die Halsschlagader und blutet völlig aus – Blut gilt im Islam und Judentum als unrein. Da Schächten des Tieres in Deutschland nur im Ausnahmefall erlaubt ist, bezieht Karadag Rindfleisch aus Belgien und Lamm aus Großbritannien.“

Wer auf Nummer sicher gehen wolle, erklärt die Reportage, kaufe deshalb Fleisch und andere Produkte, die halal-zertifiziert sind. Das Prinzip dahinter funktioniere so ähnlich wie bei Bio-Siegeln: Konsumenten, die verunsichert sind, was gesund, umwelt- und tierschonend ist, würden Bio-Produkte kaufen. Muslime, die verunsichert sind, was islamisch erlaubt ist, würden eben Halal-Lebensmittel kaufen. 4 Millionen Muslime leben in Deutschland, darunter 2,7 Millionen türkischer Herkunft.

Aufhorchen lässt, was der Geschäftsführer der Düsseldorfer Ethno-Marketing-Agentur Ethno IQ, Engin Ergün, dem Kölner Stadtanzeiger sagte: „Die türkische Zielgruppe ist deutlich jünger als die deutsche. Etwa die Hälfte der Türkischstämmigen gehört in die werberelevante, konsum- und markenaffine Gruppe der 15- bis 40-Jährigen.“ Ergün rechnet mit knapp 18 Milliarden Euro Kaufkraft in Deutschland pro Jahr.

Der Kölner Stadtanzeiger zeigt auf, wie deutsche Anbieter von islamkonformen Lebensmitteln den Spagat zwischen Muslimen und der Islamphobie vieler Deutscher wagen müssen. Spätestens seitdem kontroverse Debatten um den Islam die Medien beherrschen, würden europäische Halal-Produzenten absichtlich an der deutschen Kundschaft vorbei werben, um ihr Image nicht zu gefährden. „Aus Angst vor Skandalen“, berichtet Susanne Wiese-Willmaring von der SGS Germany Agricultural Services and Food den Kölner Journalisten. Verstecken und verdecken, wo es nur geht, laute die Strategie. Auch die Einzelhändler trauten sich nicht so recht die entsprechenden Produkte in die Regale zu stellen: „Wir beobachten die Nachfrageentwicklung der Halal-Produkte, haben derzeit aber noch kein entsprechendes Sortiment“, sagt etwa Rewe-Sprecher Andreas Krämer dem Kölner Stadtanzeiger. REWE in Österreich ist hier inzwischen mutiger und bei Muslimen beliebter geworden und hat sich dafür den Zorn der Rechtspopulisten und angeblichen Patrioten von Wien bis Bregenz zugezogen.

Lesen Sie den Artikel im Kölner Stadtanzeiger.